21.02.2023
Belysse: Alleinstellungsmerkmale Garnentwicklung und Nachhaltigkeit
Belysse, seit April 2022 neu aufgestellt, bietet textile Bodenbeläge für den Wohn- und für den Objektbereich: Einen Schwerpunkt setzt das Unternehmen auf Nachhaltigkeit. Managing Director Europe James Neuling, Sustainability Manager Marie De Laet und Product Manager Rudy Eggermont erklären, was das konkret für Produktentwicklung und Geschäftstätigkeit bedeutet.
BTH Heimtex: Die Marken ITC, Modulyss, Arc Edition und Bentley sind bekannt, der Unternehmensname Belysse ist neu. Was steckt hinter dem Namen?
James Neuling: Mit der Umbenennung in Belysse wollten wir unterstreichen, dass wir uns zu einem noch agileren und widerstandsfähigeren Unternehmen weiterentwickelt haben. Unser Name erzählt eine wirklich schöne Geschichte; er setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der erste ist das englisch Verb "to be" – auf Deutsch "sein". Es steht für unsere Identität, für das, was wir sind: Wir sind anders als andere und außerdem nachhaltig. Der zweite Teil des Wortes bezieht sich auf die Tradition, in der wir uns verankert sehen. Am Fluss Lys, der durch Flandern fließt, entstand die belgische Textilindustrie. Und schließlich haben wir dem Namen durch die weiche Endung einen weiblichen Touch gegeben: weil wir uns als fürsorgliches Mutter-Unternehmen mehrerer Premium-Marken sehen, für das Mensch und Umwelt an erster Stelle stehen.
BTH Heimtex: Was hat sich durch die von Ihnen erwähnte Weiterentwicklung verändert?
Neuling: Unsere neue Identität zieht eine ganz neue Strategie nach sich. Bisher standen unsere Produkte im Mittelpunkt, jetzt sehen wir zuallererst unsere Kunden und ihre Bedürfnisse. Gleichzeitig legen wir den Schwerpunkt auf nachhaltige textile Bodenbeläge aus dem mittleren bis hochwertigen Spektrum. Auch den Objektbereich nehmen wir zunehmend ins Visier. Und wir investieren verstärkt in Neuentwicklungen und das Thema Nachhaltigkeit.
BTH Heimtex: Wie genau bedient Belysse den europäischen, insbesondere den deutschsprachigen Markt?
Neuling: Wir arbeiten mit Großhändlern und Distributeuren zusammen, auch mit Handels- und Baumarktketten. Da gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Wir sind stolz darauf, diesen Markt mit den passenden Designprodukten zu bedienen. Dabei bieten wir eine breite Auswahl an Texturen und Farbstellungen an, von der stark strapazierfähigen Schlingenware hin zum superweichen Velours. Außerdem sind unsere Bodenbeläge beispielsweise durch den Blauen Engel zertifiziert, der auch dem Endverbraucher bekannt und vertraut ist.
In Deutschland erwartet man immer noch eine hohe Qualität, und wir sind schon lange für unseren zuverlässig hohen Produktstandard bekannt. Für die aktuelle Modulyss-Kollektion Artcore wurden wir gerade mit dem German Design Award ausgezeichnet.
BTH Heimtex: Auch Service hat einen hohen Stellenwert. Welche Besonderheiten bieten Sie Ihren Kunden an?
Neuling: Architekten, Projektentwickler und Objekteure erhalten BIM-Dateien für ihre Projekte, also Dateien zur Bauwerksdatenmodellierung, die alle wichtigen Produktinformationen und Zertifikate bündeln. Wir unterstützen unsere Kunden auch mit einem Bodenbelags-Designservice. In Zukunft wollen wir technische und kaufmännische Schulungen zur Verkaufsförderung im Einzelhandel anbieten.
BTH Heimtex: Auf welchen Präsentationsplattformen wenden Sie sich Ihrerseits an Ihre Kunden?
Neuling: Die wichtigsten Veranstaltungen sind für uns erstens die Flanders Flooring Days und zweitens unsere eigenen saisonalen Produktpräsentationen im belgischen Showroom. An den Objektbereich wenden wir uns auf der Architect@Work und auf verschiedenen Regionalmessen mit den Schwerpunktthemen Bürogestaltung und Gastgewerbe. Und natürlich sind auch die Sozialen Medien und das Internet im Allgemeinen wichtige Plattformen, unsere Mission und Vision zu vermitteln und den Markt über Neuheiten und Trends zu informieren.
Vollständig vertikal integrierte Produktion
BTH Heimtex: Belysse betreibt zwei Werken in Belgien, in Tielt und in Zele. Was genau passiert dort?
Rudy Eggermont: Wir sind ein vollständig vertikal integriertes Unternehmen mit eigener Garnextrusion und -entwicklung. Das Granulat kaufen wir ein, aber von da an machen wir alles selbst. Wir extrudieren die Filamente, verspinnen sie zu Fasern und veredeln sie.
Von unseren beiden belgischen Werken ist Tielt das größere: Dort entstehen die Teppichböden. Auch Garnentwicklung, Extrusion und Tufting finden dort statt. Im kleineren Werk in Zele werden die Teppichfliesen der Marke Modulyss produziert, vom Tufting bis zum Finishing. Eine dritte Produktionslinie für den amerikanischen Markt befindet sich in Los Angeles.
BTH Heimtex: Auch Design und Produktentwicklung geschehen inhouse. Wodurch lassen Sie sich inspirieren?
Rudy Eggermont: Da haben wir sehr unterschiedliche Quellen. Unserer Meinung nach entsteht ein gutes Produkt dann, wenn drei wichtige Faktoren perfekt ineinandergreifen: Ästhetik, technische Aspekte und Makrotrends, also weiter gefasste Trends, die wirtschaftliche, soziale und politische Komponenten umfassen. Beispielsweise rückt die Energiekrise das Bedürfnis nach Wärme und Behaglichkeit noch stärker in den Mittelpunkt.
BTH Heimtex: Wie sieht ungefähr der Ablauf bei einer Kollektionsneuentwicklung aus?
Rudy Eggermont: Da beginnen wir auf der ästhetischen Ebene mit Moodboards, die wir mit Pantone-Farben, Bildern, auch Garnen, Stoffen und Ausschnitten aus Zeitschriften gestalten. Dann überlegen wir, wie sich diese Idee technisch umsetzen lässt: mit welchem Verfahren und welchem Garn. Für die drei europäischen Marken gibt es jeweils eigene Designteams, aber wir arbeiten so weit wie möglich zusammen, unter der Schirmherrschaft eines Product Director, der alles koordiniert. Gerade wenn es um aktuelle Farbpaletten geht, den Färbeprozess und die entsprechenden Rezepturen.
Fokus auf dem höherwertigen Bereich
BTH Heimtex: Bei den Materialien ist Polyamidgarn offenbar ein großes Thema.
Rudy Eggermont: Dort liegt momentan unser Schwerpunkt, weil Polyamid viele Vorzüge hat. Unter anderem lässt es sich ausgezeichnet recyceln. Aber wir bieten auch Kollektionen mit Polypropylen an, und vor ein paar Wochen haben wir eine Polyester-Kollektion herausgebracht, mit 100 % Rezyklat aus Industrie-Abfällen. Kurz gesagt, sind wir für alle Materialien offen, die unseren Kriterien entsprechen.
BTH Heimtex: Polyamid wird ja vorrangig für höherwertige Teppichböden und im Objektbereich eingesetzt ...
Rudy Eggermont: Genau das ist auch unser Weg; seit fünf bis zehn Jahren fokussieren wir uns auf das höherwertige Segment und entwickeln besonders leistungsstarke Garne aus Polyamid 6. Als europäischer Anbieter ist es für uns wenig sinnvoll, mit Billiganbietern in den Wettbewerb zu treten. Mit unserem Wissen und unserer Erfahrung in Sachen Garn- und Produktentwicklung ist es nur logisch, dass wir uns so ausrichten. Dadurch können wir uns viel besser abheben.
Der Entwicklungsprozess für das Polyamidgarn in unserer aktuellsten Wohnkollektion Haven hat 1,5 Jahre in Anspruch genommen, weil wir es von Grund auf neu gedacht haben, angefangen mit dem Farbgranulat: Wir wollten besonders leuchtende, glänzende Farben erhalten – das ist bei spinndüsengefärbten Garnen schwieriger als bei eingefärbten Garnen. Und wir haben einen Faserquerschnitt verwendet, den wir sonst nur für Objektgarne nutzen und der ein sehr hochwertiges Garn ergibt. Schließlich haben wir inhouse einen Heatsetting-Prozess entwickelt, durch den ein besonders weiches, gleichzeitig aber sehr robustes Garn entsteht. Normalerweise muss man sich beim Heatsetting für das eine oder das andere entscheiden, aber unser neues Garn kombiniert das Beste aus zwei Welten. Das ist unsere größte Innovation der letzten Jahre.
Dachmarke Ympact für nachhaltige Garnentwicklungen
Marie De Laet: Die Fasern für die Kollektion Haven werden von uns spinndüsengefärbt; das ist die nachhaltigste Art, Garn zu produzieren. Als Ausgangsmaterial verwenden wir Polyamid-Granulat mit einem attribuiertem Recyclinganteil von 35 % nach dem Massenbilanz-Prinzip. Da das Rezyklat die gleiche hohe Qualität bietet wie das Neugranulat, lassen sich beide nicht voneinander unterscheiden. Das erreichen wir durch chemisches Recycling, mittels Pyrolyse. Viele Recyclingprozessen, etwa das Polyester-Recycling, laufen rein mechanisch ab, dadurch verunreinigt das Rezyklat immer stärker, und irgendwann stimmt die Qualität nicht mehr. Im Gegensatz dazu lässt sich chemisches Recycling unendlich oft wiederholen. Sogar Upcycling ist möglich: Wir nutzen in erster Linie post-industrielle Kunststoffabfälle, aber selbst aus Haushaltsabfällen lässt sich hochwertiges Polyamid 6 gewinnen.
Rudy Eggermont: Für unsere nachhaltigen Garne haben wir die Dachmarke Ympact ins Leben gerufen. Drei Garntypen bieten wir momentan an: regeneriertes Polyamid, Recycling-Polyester und Polyamid mit Recyclinganteil nach Massebilanz-Prinzip. Alle sind extern zertifiziert, alles lässt sich genau belegen – das ist uns wichtig. Auch die Teppichrücken werden mit Recyclingmaterialien hergestellt. In unseren Texfloor-, Ultratex- und Super-Back-Rücken kommt Recyclingpolyester zum Einsatz, das aus alten Plastikflaschen gewonnen wird.
BTH Heimtex: Recycelt Belysse auch selbst ?
Marie De Laet: Wir recyceln schon während des Herstellungsprozesses viel – etwa Garnreste, die wir an ein Recycling-Unternehmen geben. Außerdem erhöhen wir ständig den Recycling-Anteil bei den eingekauften Rohmaterialien. Und wir entwickeln Produkte, die sich am Ende ihrer Gebrauchsphase so gut wie möglich recyceln lassen.
Rudy Eggermont: Unsere Teppiche sind zweischichtig aufgebaut, denn aus verschiedenen Gründen bietet sich Polyamid nicht für One-Material-Teppichböden an. Also konzentrieren wir uns im R&D darauf, Materialien so zu kombinieren, dass sie sich am Ende des Teppichbodenlebens leicht wieder trennen lassen. Das gilt zum Beispiel für Polyamid und Polypropylen, weil sie sich in ihren Eigenschaften stark unterscheiden. Das Trennen der Schichten und das Recycling des wertvollen Polyamidgarns übernimmt ein Partner, der auf diesen Prozess spezialisiert ist.
Zunehmend nachhaltige Produktion in Belgien
BTH Heimtex: Neben dem Einsatz von Recyclingmaterialien gibt natürlich noch weitere Stellschrauben in der Produktion, die zur Nachhaltigkeit beitragen.
Marie De Laet: Ja, da wäre zum einen die bereits erwähnte Spinndüsenfärbung, die viel Energie und Wasser spart. Durch diese und andere Maßnahmen konnten wir unseren Wasserverbrauch seit 2019 in den Bereichen Färberei und Druck um 48 % reduzieren, also fast halbieren. Und alle unsere Dächer sind mit Solarpaneelen belegt. Sie erzeugen 8 % der von Belysse benötigten Elektrizität.
Bis 2030 wollen wir unsere CO
2-Emissionen um 30 % senken, und bis spätestens 2025 wollen wir unsere Standorte ausschließlich mit Elektrizität aus erneuerbaren Quellen betreiben. Und da bei der Garnproduktion wegen der hohen Temperaturen besonders viel Energie benötigt wird, wirkt sich diese Umstellung sehr positiv aus.
BTH Heimtex: Inwiefern ist der Markt bereit, die intensive Entwicklungsarbeit zu honorieren, die in nachhaltigen, hochwertigen Teppichböden steckt?
Marie De Laet: Im Moment findet gerade ein großes Umdenken statt, daher nehmen wir eine hohe Bereitschaft wahr. Früher standen Design und Preis im Mittelpunkt, jetzt verschiebt sich der Fokus immer stärker in Richtung Nachhaltigkeit.
Rudy Eggermont: Im Objektbereich, also im Kontakt mit Architekten und Objekteuren, ist Nachhaltigkeit ein Muss. Im Wohnbereich spielt es insbesondere bei den höheren Qualitäten eine große Rolle, und genau die bietet ITC ja an.
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ITC – Teppichboden für den Hochwertbereich
Hauptsächlich aus Polyamidgarn werden die hochwertigen Teppichböden von ITC für den Wohnbereich gefertigt. Entsprechend liegt der Fokus auf angenehmer Haptik und einer aktuellen Farbpalette, aber auch auf hoher Qualität und Strapazierfähigkeit. Denn: „Langlebigkeit ist der erste wichtige Schritt in Richtung Nachhaltigkeit.“
Sanften Glanz und lebhafte Farben zeichnen die Kollektion Satino aus, die bereits seit einigen Jahren auf den Markt ist und nach wie vor sehr gut angenommen wird.
Eine echte Vorzeigekollektion ist Wild Luxury, die ihre farblich-ästhetische Inspiration aus der Natur zieht: Die Qualität Bold Indulgence erinnert an Pampasgras, Vivid Opulence schmeichelt mit seidigem Griff. Genau wie Satino wird Wild Luxury fortwährend aktualisiert.
Ganz neu ist die Kollektion Haven: Das spinndüsengefärbte Polyamidgarn mit attribuiertem Recyclinganteil von 35 % ist eine unternehmenseigene Entwicklung und wurde durch die Nachhaltigkeitszertifizierer von REDcert akkreditiert. Optisch unternimmt Haven eine virtuelle Wanderung durch die Natur Skandinaviens, an Fjorden und Seen entlang, über Berge und durch dichte Wälder.
Die Haven-Qualitäten Elna, Liv und Tove tragen ausdrucksstarke skandinavische Frauennamen. Der luxuriöse, dichte Saxony Tove ist besonders weich und flauschig. Bei Liv handelt es sich um einen dichten Frisée mit zartem Zweiton-Farbspiel und offener Struktur. Mit ihrem kurzen, samtigen Flor wirkt die neuste Qualität, Elna, glatt und elegant. Sie bietet sich besonders für Flure und Laufzonen an, aber auch Liv und Tove eignen sich bei Nutzungsklasse 32 nicht nur für den Wohn-, sondern auch für den Objektbereich.
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Daten + Fakten: Belysse
Belysse Group NV
B-8790 Waregem
Tel.: +32 (0)52 / 80 80 80
www.belysse.com
hello@belysse.com
CEO: Cyrille Ragoucy
Managing Director Europe: James Neuling
Jahresumsatz:
2021: 276,8 Mio. EUR
2020: 258,4 Mio. EUR
Werke: 2 in Belgien (Tielt und Zele), 1 in USA (Los Angeles)
Mitarbeiter: rund 1.300
Marken: ITC, Modulyss, Arc Edition, Bentley (nur USA)
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Der Hintergrund: Wer ist Belysse?
Der vollstufig operierende belgische Teppichboden- und -fliesenhersteller Belysse mit eigener Garnproduktion vereint vier Marken: ITC umfasst textile Bodenbeläge für den Wohnbereich, Arc Edition bedient den Objektbereich. Bei Modulyss stehen Teppichfliesen im Fokus. Unabhängig davon agiert Bentley Mills mit Werk in Los Angeles. Mit den dort produzierten Teppichböden und -fliesen konzentriert sich man ganz auf den amerikanischen Markt.
Bis April 2022 gehörten ITC, Modulyss, Arc Edition und Bentley noch zur Balta Gruppe – bis die Marke Balta zusammen mit einigen Geschäftsbereichen an die britische Victoria Gruppe verkauft wurde.