03.06.2024
BVPF: Boden- und Parkettleger organisieren sich im UDH
Firmeninfos
Die Mitgliederversammlung des
Bundesverbands Parkett und Fußbodentechnik (BVPF) Ende April 2024 am Nürburgring war nach einer Pause erneut in die Gemeinschaftstagung „Estrich-Parkett-Belag“ eingebunden. Obwohl die Veranstaltung mit rund 45 Teilnehmern eher mäßigen Zuspruch fand, waren dennoch 18 der insgesamt 19 Regionalinnungen durch Mitglieder vertreten. Und das war gut so, denn für die Parkett- und Bodenlegergemeinschaft sollte es im Laufe des Tages um wichtige Weichenstellungen für die Zukunft der Innung und ihrer rund 1.050 Mitgliedsbetriebe gehen: Hinter dem Bundesvorstand lagen ereignisreiche Wochen mit mehreren internen Veränderungen – und auch sonst treiben zahlreiche drängende Entwicklungen das Gewerk um. Alles in allem viel Stoff für einen lebhaften und kontroversen Meinungsaustausch, auch wenn aus Zeitmangel die Anwesenden nicht allen Tagesordnungspunkten wirklich gerecht werden konnten.
In seiner Begrüßung informierte
Bundesinnungsmeister Manfred Weber zunächst über die Aufhebung des Geschäftsführeranstellungsvertrags mit
Dirk Lossau, der den Posten erst im Juni 2023 von seinem Vorgänger Dieter Kuhlenkamp übernommen hatte. „Dirk Lossau ist bereits zum 31. März einvernehmlich auf Veranlassung des Bundesverbands aus der Service-Gesellschaft ausgetreten“, informierte Weber. Bis zur Neubesetzung der vakanten Position hat Michel Durieux, Hauptabteilungsleiter Unternehmensentwicklung im
Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), diverse Aufgaben der Geschäftsführung übernommen – und stellte sich dem Bodenhandwerk in Nürburg auch gleich vor. „Mein Vater war Tischlermeister, ich bin mit dem Geruch von Holzsägespänen aufgewachsen und auf Eichen-Parkett groß geworden“, sagte der Rechtswirt, Volkswirt und Betriebswirtschaftler. „Jetzt unterstütze ich den BVPF dabei, einige Kühe vom Eis zu holen, damit die Geschäfte künftig in gute Hände übergeben werden können“.
Gleichzeitig ist Lossau auch aus der Geschäftsführung des Bundesverbands Estrich und Belag (BEB) ausgeschieden. Wegen der unterschiedlichen Aufstellung der beiden Bundesverbände wird die Neubesetzung der beiden Geschäftsführerposten nicht erneut in Personalunion angestrebt.
Mehrheit für Eintritt in den UDH
Eine wesentliche Weichenstellung für die Zukunft bedeutete die Abstimmung über die erneute Mitgliedschaft im
Unternehmerverband Deutsches Handwerk (UDH). Der BVPF war aus der Organisation im Nachgang der Novellierung der Handwerksordnung 2004 ausgetreten, mit der damals die Meisterpflicht für Parkettleger ausgesetzt wurde. Jetzt initiierte der Vorstand den Wiedereintritt, weil sich der Verband unter dem Dach der Handwerksvereinigung wieder mehr Gehör im politischen Berlin erhofft. „Wir versprechen uns sehr viel von der Mitgliedschaft im UDH, gerade hinsichtlich der beruflichen Aus- und Weiterbildung – und natürlich von dem starken politischen Einfluss des ZDH für das gesamte Handwerk“, begründete Manfred Weber vor der Mitgliederabstimmung. Der
Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) wird gebildet aus dem UDH und dem Deutschen Handwerkskammertag. „Die große Stärke des ZDH ist, dass er für das gesamte Handwerk spricht und auch wahrgenommen wird in Berlin – er zählt zu den vier Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und immer dann, wenn es um das Handwerk geht – egal ob im Wirtschafts-, Bildungs- oder einem anderen Ministerium – wird er entsprechend eingebunden“, erklärte Michel Durieux ergänzend. „Der UDH ist bestens vernetzt für das Gesamthandwerk, der ZDB hingegen ist bestens vernetzt für das Baugewerbe.“
Nicht zuletzt, weil die Mitgliedschaft im UDH mit gestaffelten Jahresbeiträgen ab rund 21.000 EUR auch ein Kostenfaktor ist, wurde der Wiedereintritt unter den Stimmberechtigten zunächst kontrovers diskutiert. Schlussendlich votierte in geheimer Abstimmung jedoch eine deutliche Mehrheit für den Eintritt in den Unternehmensverband.
Parkettleger bleiben künftig unter sich
In einer weiteren Diskussion und Abstimmung ging es um die künftige Form der Mitgliederversammlungen. Grund war das insgesamt nachgelassene Interesse an den zurückliegenden Treffen. „Die Teilnehmerzahlen sind in den Jahren seit Corona rapide in den Keller gegangen“, merkte Weber an. Nach einer vorangegangenen Mitgliederbefragung fiel der Beschluss einstimmig gegen weitere Gemeinschaftstagungen mit dem BEB aus. Stattdessen plant der BVPF künftig jährlich eine Obermeistertagung sowie eine eintägige Mitgliederversammlung mit Schwerpunkt Verbandsregularien (die nächste im Frühjahr 2025 voraussichtlich in Berlin) und eine eintägige Herbsttagung mit Schwerpunkt Technik (voraussichtlich schon im Oktober 2024).
Ferner votierten die Mitglieder in Nürburg ebenfalls einstimmig für die Zusammenlegung der Bundesfachgruppen Holz, Bodenbelag und Sportböden, die in den vergangenen Jahren alle drei wenig aktiv waren.
Junge Leistungsträger mit ins Boot nehmen
Das Projekt
Innung 4.0 war vor rund sechs Jahren ins Leben gerufen worden, um die Mitgliedschaft in der Innung für potenzielle junge Branchenteilnehmer wieder interessant zu machen. Einen Masterplan dafür gebe es nach wie vor nicht, aber eine Lernkurve, wie der stellvertretende Bundesinnungsmeister Holger Wiehle berichtete. Der Obermeister der Innung Nordost hat im Austausch mit seinen Obermeisterkollegen festgestellt, dass es in den verschiedenen Regionalinnungen jeweils eigene, unterschiedliche Positionen und Entwicklungsstufen gebe. Auch ein Vorstoß, die Leistungsträger von morgen, sprich junge Gesellen und Auszubildende, mit ins Boot zu nehmen, war in den Reihen der Obermeister auf wenig Gegenliebe gestoßen, weil die Innung per Definition ein Unternehmerverbund ist.
Am Nürburgring sprach Wiehle Klartext: „Vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation, der vielen fachlichen Herausforderungen – wobei andere uns vorschreiben wollen, wie unser Gewerk funktioniert – und der Ausbildungsmisere brauchen wir für unsere Mitgliedsbetriebe einen Sicherungsanker. Wir müssen die Obermeister, die an irgendwelchen Regularien und alten Strategien festhalten, ansprechen und dazu bringen, Verantwortung abzugeben – und bei jungen Kollegen zuzulassen.“ Die Zukunft des Verbandes und aller Innungen hänge davon ab, gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen, forderte Wiehle zum Mitmachen, Ideen einbringen und zum Dialog auf. „Wir werden die vielen komplexen Aufgaben der Zukunft nur in der Gemeinschaft bewerkstelligen können.“ Laut Prognose des BVPF wird sich die Zahl der Innungsbetriebe in Deutschland von derzeit rund 1.050 in den nächsten zehn Jahren halbieren.
Austritte aus Arbeitskreisen und Neugründung
Zu Jahresbeginn 2024 sind die Handwerksverbände der Parkettleger, Maler und Raumausstatter sowie mehrere Industrieverbände, die das bodenlegende Handwerk beliefern (VDP, TKB, MMFA, EPLF, FEB), aus der Initiative
Praxisgerechte Regelwerke im Fußbodenbau (PRiF) ausgetreten. Grund für den Schlussstrich war der fehlende Konsens in mehreren Punkten des BEB-Hinweisblattes 9.2 „Hinweise zur Festlegung und zur Beurteilung zulässiger Maß- und Ebenheitsabweichungen im Fußbodenbau außerhalb DIN 18202“.
Der stellvertretender Bundesinnungsmeister Ralf Wollenberg bemängelte auf der Versammlung erneut, dass die großen bodenlegenden Verbände bei der Erstellung der Publikation nicht einbezogen worden seien. „Unsere wesentlichen Kritikpunkte betreffen die Installation neuer Prüfpflichten für Parkett- und Bodenleger sowie das Eingreifen in die Kalkulationshoheit anderer Gewerke.“ Dem BVPF seien Fälle bekannt, bei denen Architekten und Planer mit Bezug auf das
BEB-Hinweisblatt 9.2 von Parkett- und Bodenlegern unberechtigterweise forderten, Höhenbezugspunkte zu prüfen. „Es ist nicht hinzunehmen, dass ein für das bodenlegende Handwerk nicht bedeutender Verband mit derartigen Publikationen Parkett- und Bodenlegern das Leben auf der Baustelle schwer macht.“
Wollenberg informierte zur Gründung einer neuen Interessenvertretung für das Gewerk: „
PRiF besteht nach wie vor, jetzt jedoch nur noch mit sechs von ehemals 15 Mitgliedern. Der BVPF und die acht weiteren ausgetretenen Verbände haben als Folge den neuen Arbeitskreis ,Schnittstelle Fußboden‘ gegründet – als Interessenvertretung von Parkett- und Bodenlegern, zum Erstellen von Hinweisblättern und für den Dialog zwischen Handwerk und Industrie.“
Ebenfalls ausgetreten ist der BVPF nun auch aus der Schnittstellenkoordination Flächenheizung und Flächenkühlung. Grund waren auch hier nicht berücksichtigte Einsprüche des BVPF und weiterer Verbände im Zuge der Überarbeitung der Publikation. Ralf Wollenberg erklärte: „Im Kern ging es darum, dass wir Parkett- und Bodenleger für uns selbst prüfen müssen, ob der Unterboden in Bezug auf seine Feuchte für einen Oberbelag geeignet ist. Wie wir das machen – ob mit CM-Messung, KRL-Messung oder einem elektronischen Gerät – ist egal. Wir schulden aber den Erfolg und ein anderes Gewerk kann uns nicht vorschreiben, wie das funktioniert.“ Alle neun Verbände des neu gegründeten Arbeitskreises „Schnittstelle Fußboden“ seien daher geschlossen aus der Schnittstellenkoordination des Bundesverbands Flächenheizung und Flächenkühlung (BVF) ausgetreten. „Wenn ein Großteil der Player nicht mehr dabei ist, kann man sagen, die Schnittstellenkoordination ist nicht mehr Stand der Technik“, konstatierte Wollenberg.
In diesem Kontext erinnerte Bundesinnungsmeister Weber nochmal daran, dass es bei der Belegreife nicht nur um Feuchtigkeit gehe, sondern etwa auch um angrenzende Höhen bzw. um das Schwindverhalten von Estrichen. „Deswegen steht in der Norm 18356 ,Prüfen der Belegreife hinsichtlich der Trockenheit‘ – nur das prüfen wir, nichts anderes.“ Wie dies gemacht werde, sei dem ausführenden Handwerker im Rahmen seiner Risikoabwägung selbst überlassen.
Estrichfeuchte: „Eine Messmethode ist genug“
Aus Reihen der Industrie werden inzwischen vermehrt zwei Feuchtigkeitsmessungen präferiert. Die gleichzeitige Anwendung der KRL- und der CM-Messung sei aber weder technisch begründbar noch im Einklang mit den Normenvorgaben, sagte der Bundesinnungsmeister: „Es kann nicht sein, dass viele Handwerker mit der Information rausgehen, beides messen zu müssen. Wir als Verband sagen, es muss eine Messung sein. Die KRL-Messung ist Stand der Technik und heute bei Zementestrichen gleichwertig, allgemeine Regel des Fachs ist die CM-Messung. Da ist es egal, ob der Parkettleger KRL oder CM misst.“
In einem persönlichen Ausblick ging Weber noch weiter: „Für den Estrichleger ist die CM-Messung nach DIN 18560 ein Abnahmekriterium – damit müsste er den Zementestrich frei messen. Wir sind uns alle einig, dass wir nicht genau wissen, was wir eigentlich messen - welches Produkt mit welchen Eigenschaften geliefert und verbaut wurde. Nur der Auftragnehmer der Estricharbeiten kann seine fertige Werkleistung mit erstelltem Estrich bewerten.“
Nachhaltigkeit beschäftigt Sachverständige
Solche technische Fragen greift die Bundesfachgruppe Sachverständigenwesen immer wieder auf, um tragfähige Formulierungen für technischen Informationen zu erarbeiten. Aktuell teilen sich 35 Mitglieder die Aufgaben in vier Arbeitskreisen: Normung und Richtlinien (Dominik Kison), Materialien und Techniken (Martin Kranl), Sachverständigenprüfung und Weiterbildung (Dieter Humm) sowie Schnittstelle Unterboden (Thomas Allmendinger, der die Leitung der Arbeitskreisschnittstelle im BEB kürzlich abgab). Angeschlossen ist außerdem ein Expertenbeirat aus Handwerk und Industrie, der aktuelle technische Entwicklungen in der Branche begleitet und auch kommende Richtungen auslotet. Dieter Humm, der in Nürburg zur Sachverständigen-Fachgruppe informierte, stellte dazu fest: „Bei all dem hat sich in den letzten Monaten herausgebildet, das uns das Thema Nachhaltigkeit in Zukunft sehr stark bewegen wird. Darum wird sich alles ranken, mit dem wir zu tun haben.“
Konkret erstellt der Arbeitskreis „Materialien und Technik“ gerade ein Merkblatt zur Lebens- und Nutzungsdauer von Holzböden. Hintergrund: Mit dem Entwurf der Norm DIN EN 17680 „Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung des Potenzials zur nachhaltigen Sanierung von Gebäuden“ wird Parkett, wie viele andere Produkte auch, künftig nach Aspekten der Nachhaltigkeit, Gebrauchsdauer und Kreislauffähigkeit über sogenannte R-Sätze (R0 bis R9 – nicht zu verwechseln mit Rutschhemmklassen) geclustert. Parkettböden kommen dabei nicht gut weg, weil sie in der Regel bei der Sanierung nicht ausgebaut und wieder in Verkehr gebracht werden können. Nicht berücksichtigt werden die per se klimapositiven Eigenschaften des Holzes und die lange Lebensdauer der Böden. Daher hat der BVPF bereits zusammen mit dem Verband der Deutschen Parkettindustrie (VDP) und dem Bundesinnungsverband des Tischler- und Schreinerhandwerks eine Überarbeitung der sogenannten BBSR-Nutzungsdauertabelle für Vollholzparkett, Mehrschichtparkett, Holzbeschichtungen und Holzschutzanstriche verfügbar gemacht.
Gemeinsam mit der Industrie müsse nun über Verbesserungen der Produktnachhaltigkeit nachgedacht werden. Das können Alternativen zum Schleifen ebenso sein wie Möglichkeiten des Aus- und Wiedereinbaus von Altparkett. „Für industrielle Produktionen werden bereits Teile von verwendeten Parkettböden wieder aufbereitet – zum Beispiel werden aus alten Massivparkettstäben kleinere Deckschichten produziert“, zeigte Manfred Weber eine Möglichkeit auf. Eine andere sind Systeme, mit denen alte Planken rausgefräst und der Klebstoff getrennt wird, damit das Holz am Ende seiner Lebensdauer als Bodenbelag in Form von Pallets der thermischen Energie zugeführt werden kann.
Neuer Normentwurf auf dem Weg
Im Normungsausschuss ist indes ein Schlichtungsspruch zu der neuen Spachtelmassen-Norm DIN 53298 ergangen, sodass nach längeren Unstimmigkeiten über die Ausgestaltung der Normenfassung nun in Kürze mit der Veröffentlichung des Entwurfs gerechnet werden kann, informierte Dominik Kison, Leiter der Bundesfachgruppe Normung. „Die Norm ist durch die Überarbeitung, auch mit anderen Blickwinkeln, besser geworden“, betonte der Gutachter für Fußbodentechnik. Jetzt müsse sich zeigen, inwieweit alle Verbände, deren Vertreter in der Schlichtung daran mitgewirkt haben, die finale Ausarbeitung mittragen werden.
Der BVPF ist aktuell mit der Erarbeitung mehrerer Merk- und Hinweisblätter befasst: zur Belegreife und zu Schüssellungen bei Zementestrich, zur „Schnittstelle Unterboden – Parkett“, zur „Lebens- und Nutzungsdauer von Holzböden“ sowie zur „Einschränkung der maximalen Oberflächentemperatur bei elastischen Bodenbelägen“. Zum Merkblatt Fußbodentemperierung vom VDP und BVPF wurde angemerkt, dass die Holzforschung Austria die klimatischen Einflüsse in den vergangenen Jahren umfassend untersucht hat und die Ergebnisse mit dem Merkblatt zu 99 % übereinstimmen würden, so dass es künftig im gesamten deutschsprachigen Raum anerkannt werden dürfte. Sämtliche Informationsblätter stehen BVPF-Mitgliedern im internen Bereich der Homepage
www.bv-parkett.de zur Verfügung.
BVPF ehrt Jörg Schülein:
Der BVPF verlieh dem Nürnberger Parkett- und Bodenlegermeister Jörg Schülein für seine besonderes Verdienste um das Handwerk und seine berufsständigen Organisationen die Goldene Ehrennadel des Parkettlegerhandwerks. Der Sachverständige für das Bodenlegergewerbe ist als stellvertretender Leiter der Fachgruppe Bodenbelag seit 2004 Mitglied des Bundesvorstands, war viele Jahre Lehrlingswart und Obermeister der Innung Mittelfranken/Oberfranken. Zuletzt war Schülein maßgeblich an der Zusammenlegung der Innungen in Franken, Niederbayern und Oberpfalz beteiligt. Verdient gemacht hat er sich zudem mit der IHK-Fortbildung zum geprüfter Fachbauleiter Fußbodentechnik, als Meisterkurs-Referent und Prüfungsausschuss-Vorsitzender der Bodenleger, Trainer der Teilnehmer des Euroskills-Wettbewerbs sowie im
Verein Europäische Förderung der Ausbildung für Parkettleger und Fußbodentechnik (EUFA P+F).